Für die Schöpfung und die nächste Generation

Der Bosauer Küster Michael Hirner ist für nachhaltiges Handeln ausgezeichnet worden

Warum er sich für Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetze? Michael Hirner, seit 2012  Küster in der Kirchengemeinde Bosau, zögert nicht einen Augenblick. „Ich habe drei Töchter und ich möchte, dass sie auch einmal mein Alter auf dieser Erde erleben können“, sagt der 62-Jährige. An seinem Arbeitsplatz tut er eine ganze Menge, um das zu ermöglichen. Die Küsterei in Bosau ist dafür – wie auch eine Küsterei in Nortorf – kürzlich als „ökofaire Küsterei der Nordkirche“ ausgezeichnet worden. Die Auszeichnung soll ein Anreiz sein, um das Ziel der Nordkirche zu erreichen, bis 2035 klimaneutral zu sein.

Weil aus beiden Küstereien niemand zur Preisverleihung kommen konnte, überbrachte vergangene Woche (19. Juli) Tobias Jahn vom Küsterarbeitskreis stellvertretend den Preis: einen Gutschein für ein Wochenende für zwei Personen in einem ökofairen Hotel in Güstrow.

Es war gar nicht so schwer, bei der vom Umwelt- und Klimaschutzbüro der Nordkirche und dem Team des Projekts „Ökofaire Gemeinde“ gestarteten Umfrage Punkte zu sammeln. Aber es sind eben tatsächlich schon die kleinen Dinge, mit denen sich etwas bewegen lässt.

E. Stern, M. Hirner(Küster), S. Hirner (stellv. KGR) mit Fine, T. Jahn (2. Vors. des Küsterarbeitkreis der Nordkirche

Dazu gehört zum Beispiel, dass die Kerzen, die von Kirchenbesuchern angezündet werden, keine gewöhnlichen Einweg-Teelichte sind, sondern wiederbefüllt werden. „Das ist zwar ein bisschen teurer für uns, aber es ist ökologisch besser“, erläutert Hirner. Die Altarblumen wiederum wachsen rund um die Kirche. „Wir haben überall Blumenfelder bei uns angelegt, da kann ich immer pflücken.“ Das ist nachhaltig und günstiger als der Einkauf im Blumenladen. Auf diese Weise ist außerdem sichergestellt, dass Blumen von anderen Kontinenten in Bosau nicht in die Vase kommen.

M. Hirner

Größer gedacht wird beim Energieverbrauch. Die Gemeinde hat auf dem Werkstattgebäude eine Photovoltaik-Anlage mit 5,4 Kilowattstunden Leistung installiert und die Heizungsventile im Gemeindesaal sind mit einem Begrenzer ausgerüstet, damit dort nicht nach Belieben die Temperatur hoch gedreht wird.

Der Küster, der sich zuhause in Hutzfeld ebenfalls eine Photovoltaikanlage auf sein Dach hat bauen lassen, ist begeistert. „Ich hätte es gerne, wenn wir auf dem Gemeindehaus noch so eine Anlage bekämen“, sagt er. Ausgemachte Sache ist das nicht, aber der Kirchengemeinderat sei offen für seine Anregungen, so Hirner. Übrigens ist diese Offenheit ebenfalls ein Pluspunkt mit Blick auf den Fragebogen. Dass sich die bereits montierte Photovoltaikanlage positiv auf die Stromrechnung auswirkt, ist sicher; nur für die Angabe konkreter Ersparnisse fehlen noch aussagekräftige Erfahrungswerte.

In St. Petri selbst wird Energiesparen ebenfalls groß geschrieben. Im „kleinsten Dom der Welt“, den 1152 der heilige Bischof Vicelin hatte erbauen lassen, wird nur wenig geheizt – selbst bei Konzerten im Winter. „Ich habe das auch im Gemeindebrief geschrieben, dass wir nur noch auf 14 Grad aufheizen und man sich gerne eine Decke mitbringen darf, wenn man friert“, berichtet Hirner.

Darüber hinaus wird in Sachen Umwelt- und Artenschutz in Bosau einiges getan. Im Kirchturm wohnen Fledermäuse und ein Kauz hat ein Uhlenloch im Gemeindehaus bezogen. Außerdem sorgen zahllose Nistkästen an Gebäuden und auf dem Friedhof dafür, dass genügend Meisen ein Zuhause finden, um die Miniermotten in Schach zu halten, die den Kastanienbestand gefährden. Überdies überlegt der Kirchengemeinderat, künftig Schneckenkorn und Spritzmittel vom Friedhof zu verbannen, die von manchen Angehörigen bei der Grabpflege eingesetzt werden. „Nur Vergrämungsmittel sind dann noch erlaubt“, sagt der Küster.

Kirche, Bosau

Elena Stern und Matthias Amelung, die in der Bauabteilung des Kirchenkreises für Fragen des Klimaschutzes zuständig sind, sind ebenfalls zur Preisübergabe nach Bosau gekommen. Dass sich nordkirchenweit lediglich rund 40 Küstereien an der Umfrage beteiligten, bedauert Elena Stern. Denn sie und Klimaschutzmanager Amelung wissen sehr genau, dass ihre Arbeit nur Hand in Hand mit den Kirchengemeinden funktionieren kann.

„Das ist das A und O. Die Küsterinnen und Küster sind die Basis, ohne die ist die Kirche zu und das Licht ist aus. Und sie sind zugleich diejenigen, die sicherstellen, dass das Licht und die Heizung abends tatsächlich aus sind“, so Stern, die Ansprechpartnerin für Gemeinden ist, die sich als „ökofaire Gemeinde“ zertifizieren lassen wollen.

Ökologisch nachhaltig und fair gehandelt, das klingt zunächst einmal nach höheren Kosten beim Einkauf. „Das können wir bereits widerlegen“, sagt Stern und verweist auf Einsparungen, die sich durch Mengenrabatte ergeben, wenn mehrere Gemeinde zusammen bestellen. „Wir gucken bei ökofairer Beschaffung nicht nur auf die Wirtschaftlichkeit, sondern auf die ökonomischen, ökologischen und sozialen Komponenten, die wir als Kirche auch in den Vordergrund stellen müssen“, hält sie fest.

Matthias Amelung pflichtet ihr bei. Er sieht im klimaschutzgerechten Handeln vor allem eine Frage der Glaubwürdigkeit von Kirche, „wenn jemand als Gast in die Kirche kommt und feststellt, dass da nachhaltig gearbeitet und vernünftig mit der Schöpfung umgegangen wird.“

Für Michael Hirner ist das mit der Schöpfung besonders wichtig. Sein Lieblingslied im Evangelischen Gesangbuch ist die Nummer 432. Darin heißt es: „Gott gab uns Ohren, damit wir hören./ Er gab uns Worte, dass wir verstehn./ Gott will nicht diese Erde zerstören./ Er schuf sie gut, er schuf sie schön.“